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Gesetzlich geschützte Biotope in Nordrhein-Westfalen


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Gesetzlicher Biotopschutz nach § 30 BNatSchG

VG Augsburg, Beschluss vom 25.1.2019 – Au 9 S 18.2096

Zahlreiche Biotoptypen, die wegen ihrer Seltenheit, ihrer Gefährdung oder als Lebensraum wild lebender Tiere und Pflanzen eine besondere Bedeutung haben, werden durch § 30 BNatSchG gesetzlich geschützt. Für sie gilt ein weitgehendes Veränderungsverbot, wonach alle Handlungen untersagt sind, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieser Biotope führen können.
Im vorliegenden Fall ging es um eine seggen- und binsenreiche Nasswiese, die ein geschütztes Biotop nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG darstellt. Ein Landwirt hatte die drei wertvollsten wechselfeuchten Mulden der Nasswiese mit standortfremdem Aushubmaterial aufgefüllt, mit einer Grünlandsaat eingesät und mit Festmist gedüngt, wodurch die ökologische Funktion erheblich beeinträchtigt wurde. Das Landratsamt als zuständige untere Naturschutzbehörde ordnete daher an, die Auffüllungen sofort zu entfernen. Gegen diese Anordnung richtete sich die Klage des Landwirts.
In seinem Beschluss vom 25.1.2019 hat das VG Augsburg folgende Punkte in Bezug auf gesetzlich geschützte Biotope klargestellt:

1. Jede Fläche, die die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps aufweist, ist kraft Gesetzes (§ 30 BNatSchG oder landesrechtlich erweiterte Regelungen) vom Schutz erfasst. Eine administrative Unterschutzstellung beziehungsweise konstitutive Schutzfestsetzung durch Verordnung oder Verwaltungsakt ist nicht erforderlich. Die Registrierung der gesetzlich geschützten Biotope in einem Verzeichnis nach § 30 Abs. 7 BNatSchG hat rein deklaratorische Bedeutung.

2. Der Biotopschutz nach § 30 BNatSchG ist gegenüber der landwirtschaftlichen Bodennutzung des § 14 Abs. 2 BNatSchG die vorrangige und spezielle Regelung.

3. Da es sich bei § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG um ein gesetzliches Verbot handelt, ist die subjektive Unkenntnis beziehungsweise Kenntnis über das Vorliegen eines geschützten Biotops unerheblich. Die Unkenntnis von der Eigenschaft als Biotop im Sinn des § 30 BNatSchG ist daher nicht geeignet, den Verursacher einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung zu exkulpieren.

4. Eine erhebliche Beeinträchtigung führt zwar im Gegensatz zur Zerstörung nicht zu einem Verlust, wohl aber zu einer Verminderung des Wertes und der Eignung als Lebensraum für die dort zu findenden Lebensgemeinschaften von Tier- und Pflanzenarten. Ausreichend ist dabei die Möglichkeit der Beeinträchtigung, es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg der Zerstörung des Biotops sicher eintreten wird.

5. Rechtsgrundlage für Wiederherstellungs- beziehungsweise Beseitigungsanordnungen der zuständigen Naturschutzbehörde ist § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. § 17 Abs. 8 BNatSchG. § 3 Abs. 2 BNatSchG ist eine als Generalklausel ausgestellte Befugnisnorm, die sowohl eine präventive Gefahrenabwehr erlaubt als auch zu Anordnungen ermächtigt, die auf die Wiederherstellung eines rechtswidrig veränderten Zustands gerichtet sind.

6. Wurde ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen, so bestimmt § 17 Abs. 8 BNatSchG ergänzend, dass die zuständige Behörde die weitere Durch-führung des Eingriffs untersagen soll. Sofern nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, ist eine Maßnahme nach § 15 BNatSchG oder die Wiederherstellung des früheren Zustandes anzuordnen. Ausnahmen vom Veränderungsverbot sind nur möglich, wenn die Beeinträchtigungen ausgleichbar sind – im vorliegenden Fall war dies nicht möglich. Um dem Schutzzweck des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG Rechnung zu tragen, verblieb daher nur die Möglichkeit, die umgehende Beseitigung der Auffüllungen zur Wiederherstellung des gesetzlich geschützten Biotops anzuordnen.

51 (08) | 2019 | NATURSCHUTZ und Landschaftsplanung 403